Landschaftszerschneidung: Von der Problemerkennung zum Handeln. Jaeger, J., Grau, S., Gastherausgeber, W. H., & Landschaftszerschneidung, S. GAIA-Ecological Perspectives for Science and Society, 14:81-81, 2005.
abstract   bibtex   
D ie Landschaftszerschneidung durch Straßen und andere Verkehrswege nimmt seit Jahrzehnten zu. Wildlebenden heimischen Tieren verbleiben nur wenige unzerschnittene Lebensräume. Und wer nach ungestörtem Landschaftserlebnis und Stille sucht, kann dem Einfluß von Straßen kaum entkommen. Selbst im naturnahen Schweizerischen Nationalpark im Engadin hallt der Verkehrslärm weit in die Cluozza-Schlucht hinein. Neu ist das Ausmaß, in dem das Netz der Verkehrswege in Europa verdichtet wird (siehe Abbildung). Die Landschaftszerschneidung ist dadurch zu einer Hauptursache des Rückgangs und Verlustes von Tierpopulationen geworden. Dabei ist der Blick auf das Ganze wichtig, das heißt auf die Summe der Zerstückelungen, die aus der Vielzahl einzelner Straßenbauten resultiert. Beschränkt man sich darauf, nur jeden einzelnen neuen Verkehrsweg zu beurteilen, wie es die Umweltverträglichkeitsprüfung vorschreibt, so unterschätzt man die Gefahren, die sich aus der Vielzahl einzelner Eingriffe ergeben und über Jahrzehnte summieren. Die Probleme sind seit über zwanzig Jahren bekannt, und die grundsätzlichen po-litischen Willenserklärungen für eine Trendwende in der Landschaftszerschneidung nehmen seit 1985 zu-doch die reale Entwicklung steht in einer immer größeren Dis-krepanz zu diesen Erklärungen. So haben die großen unzerschnittenen Gebiete in Deutschland weiter abgenommen. Der Rückbau von Straßen, die durch Neubauten ihre Funktion verloren haben, ist gesetzlich gefordert, wird aber nur selten umgesetzt. Im Gegenteil: Allen Verkehrsprognosen nach ist eine weitere Zunahme des Verkehrs abseh-bar, die zum Neu-und Ausbau von Straßen und anderer Verkehrswege führen wird. Wir sollten uns keinen Illusionen hingeben. Die Landschaftszerschneidung ist eine von vielen Folgen der zivilisatorisch-technischen Flächeninanspruchnahme. So wichtig deren Verminderung auch ist: Es darf nicht übersehen werden, daß das vorhandene und anwendbare Instrumentarium-planerisch, ökonomisch, rechtlich-dazu bei wei-tem nicht ausreicht. Die Forderung nach einer Trendwende bei der Landschaftszerschneidung umfaßt zwei Hauptziele: Erstens sind bereits erfolgte Zerschneidungen rückgängig zu machen oder ihre Folgen durch Grünbrücken oder Wildtierdurchlässe zu mildern. Solche Maß-nahmen, die heute unter dem Wort "Entschneidung" diskutiert werden, mindern zwar manche Zerschneidungswirkungen eines Verkehrsweges punktuell, können sie aber in der Gesamtbilanz nicht ausgleichen. Zugleich geht es daher zweitens darum, weitere Zerschneidungen, vor allem in bisher unzerschnittenen Gebieten, zu unterlassen. Wie aber können die Interessenkonflikte zwischen Verkehr und Naturschutz gelöst werden? Wo besteht Forschungsbedarf? Wel-che Maßnahmen sind aussichtsreich, um die geforderte Trend-wende möglichst bald zu erreichen? Diesen Fragen ist der Schwer-punkt Landschaftszerschneidung in diesem Heft gewidmet. D ABBILDUNG: Landschaftszerschneidung durch Hauptverkehrswege in europäischen Ländern. Je stärker eine Landschaft zerschnitten ist, um so kleiner wird die effektive Maschenweite-ein Maß für die Größe der verbleibenden Flächen (Daten: Europäische Umweltagentur).
@article{Jaeger2005,
   abstract = {D ie Landschaftszerschneidung durch Straßen und andere Verkehrswege nimmt seit Jahrzehnten zu. Wildlebenden heimischen Tieren verbleiben nur wenige unzerschnittene Lebensräume. Und wer nach ungestörtem Landschaftserlebnis und Stille sucht, kann dem Einfluß von Straßen kaum entkommen. Selbst im naturnahen Schweizerischen Nationalpark im Engadin hallt der Verkehrslärm weit in die Cluozza-Schlucht hinein. Neu ist das Ausmaß, in dem das Netz der Verkehrswege in Europa verdichtet wird (siehe Abbildung). Die Landschaftszerschneidung ist dadurch zu einer Hauptursache des Rückgangs und Verlustes von Tierpopulationen geworden. Dabei ist der Blick auf das Ganze wichtig, das heißt auf die Summe der Zerstückelungen, die aus der Vielzahl einzelner Straßenbauten resultiert. Beschränkt man sich darauf, nur jeden einzelnen neuen Verkehrsweg zu beurteilen, wie es die Umweltverträglichkeitsprüfung vorschreibt, so unterschätzt man die Gefahren, die sich aus der Vielzahl einzelner Eingriffe ergeben und über Jahrzehnte summieren. Die Probleme sind seit über zwanzig Jahren bekannt, und die grundsätzlichen po-litischen Willenserklärungen für eine Trendwende in der Landschaftszerschneidung nehmen seit 1985 zu-doch die reale Entwicklung steht in einer immer größeren Dis-krepanz zu diesen Erklärungen. So haben die großen unzerschnittenen Gebiete in Deutschland weiter abgenommen. Der Rückbau von Straßen, die durch Neubauten ihre Funktion verloren haben, ist gesetzlich gefordert, wird aber nur selten umgesetzt. Im Gegenteil: Allen Verkehrsprognosen nach ist eine weitere Zunahme des Verkehrs abseh-bar, die zum Neu-und Ausbau von Straßen und anderer Verkehrswege führen wird. Wir sollten uns keinen Illusionen hingeben. Die Landschaftszerschneidung ist eine von vielen Folgen der zivilisatorisch-technischen Flächeninanspruchnahme. So wichtig deren Verminderung auch ist: Es darf nicht übersehen werden, daß das vorhandene und anwendbare Instrumentarium-planerisch, ökonomisch, rechtlich-dazu bei wei-tem nicht ausreicht. Die Forderung nach einer Trendwende bei der Landschaftszerschneidung umfaßt zwei Hauptziele: Erstens sind bereits erfolgte Zerschneidungen rückgängig zu machen oder ihre Folgen durch Grünbrücken oder Wildtierdurchlässe zu mildern. Solche Maß-nahmen, die heute unter dem Wort "Entschneidung" diskutiert werden, mindern zwar manche Zerschneidungswirkungen eines Verkehrsweges punktuell, können sie aber in der Gesamtbilanz nicht ausgleichen. Zugleich geht es daher zweitens darum, weitere Zerschneidungen, vor allem in bisher unzerschnittenen Gebieten, zu unterlassen. Wie aber können die Interessenkonflikte zwischen Verkehr und Naturschutz gelöst werden? Wo besteht Forschungsbedarf? Wel-che Maßnahmen sind aussichtsreich, um die geforderte Trend-wende möglichst bald zu erreichen? Diesen Fragen ist der Schwer-punkt Landschaftszerschneidung in diesem Heft gewidmet. D ABBILDUNG: Landschaftszerschneidung durch Hauptverkehrswege in europäischen Ländern. Je stärker eine Landschaft zerschnitten ist, um so kleiner wird die effektive Maschenweite-ein Maß für die Größe der verbleibenden Flächen (Daten: Europäische Umweltagentur).},
   author = {Jochen Jaeger and Stephanie Grau and Wolfgang Haber Gastherausgeber and Schwerpunkts Landschaftszerschneidung},
   issue = {2},
   journal = {GAIA-Ecological Perspectives for Science and Society},
   pages = {81-81},
   title = {Landschaftszerschneidung: Von der Problemerkennung zum Handeln},
   volume = {14},
   year = {2005},
}

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