Soziologie und Psychologie des Strafverfahrens - Der Schulterschlusseffekt mit Ergänzung durch den Prinzipal-Agent-Ansatz. Schabert, D. Ph.D. Thesis, Ludwig-Maximilians-Universität, München, January, 2016.
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In der Vergangenheit kam es häufig zu Schlagzeilen in der Presse von Fehlurteilen in Deutschland. Für Angehörige und Opfer sind diese Irrtümer im Gerichtssaal persönliche Tragödien und schwächen das Vertrauen der Bürger in unseren Rechtsstaat. Leider sind Fälle, wie beispielsweise der von Gustl Mollath keine Seltenheit, sondern ereignen sich relativ häufig. Schätzungen zufolge soll die Fehlerquote zwischen 10 und 25 Prozent liegen. Es stellt sich somit die Frage, auf welche Ursachen sich diese hohe Fehlerquote zurückführen lässt, wo doch der Rechtsgrundsatz „in dubio pro reo“ gilt.1 Folgt man diesem Rechtsgrundsatz, dürften Unschuldige eigentlich nie verurteilt werden, da nach diesem Grundsatz, im Zweifel für den Angeklagten, eine Verurteilung nur aufgrund einer eindeutigen Beweislage möglich ist. Als Erklärung hierfür kommt der sogenannte Schulterschlusseffekt in Betracht, der in der folgenden Seminararbeit näher erläutert werden soll und durch den Prinzipal-Agent-Ansatz ergänzt wird. Der Schulterschlusseffekt besagt, dass sich der Richter in einer unklaren Situation an der vorangegangenen Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft orientiert. Dies widerspricht den Vorstellungen der Gesellschaft von einem Richter, der als neutraler und unbefangener Dritter entscheidet. Die Rechtsordnung unterstreicht diesen Anschein durch verschiedene Normen, wie beispielsweise die Unvereinbarkeit von Parteirolle und Richterrolle, sowie die Ablehnbarkeit eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit (§§ 41 ff. ZPO, 22 ff. StPO).2 Doch trotz dieser Vorschriften sieht die Realität anders aus. Der Schulterschlusseffekt unterstellt dem Richter eine Orientierung beziehungsweise sogar eine Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft, zu Lasten des Angeklagten, wo doch die Strafrechtspflege die brutalsten Rechtsfolgen nach sich zieht. Besonders in Bundesländern wie Bayern, wo ein Jurist heute als Staatsanwalt und morgen als Richter arbeitet, fällt es schwer zwischen Ankläger und unabhängigem Rechtssprecher zu trennen. Die folgende Seminararbeit soll diesen Effekt genauer beschreiben, sowie durch den aus den Wirtschaftswissenschaften stammenden Prinzipal-Agent-Ansatz ergänzt werden.

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