Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen in der chronischen Phase nach kraniozervikalem Beschleunigungstrauma (cKZBT, sog. Schleudertrauma) (ohne Commotio cerebri/mild traumatic brain injury). Stöckli, H. R., Ettlin, T., Gysi, F., Knüsel, O., Marelli, R., Mayer, C. U., Soltermann, B., Annoni, J. M., Dubs, L., Hoffmann, J. F., Müller, A., Radanov, B., Walz, F., & Zimmermann, H. Schweiz Med Forum, 5(2005):1182–1187, January, 2005.
Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen in der chronischen Phase nach kraniozervikalem Beschleunigungstrauma (cKZBT, sog. Schleudertrauma) (ohne Commotio cerebri/mild traumatic brain injury) [pdf]Paper  abstract   bibtex   
Mehr als 10% der in der Schweiz pro Jahr gemeldeten kraniozervikalen Beschleunigungstraumen zeigen einen protrahierten oder chronischen Verlauf, verbunden mit einem hohen Invaliditätsrisiko. Die Erfahrung zeigt, dass die Erfassung und therapeutische Begleitung solcher Patienten bis dato keineswegs optimal ist. Vor 3 Jahren hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie des akuten kraniozervikalen Beschleunigungstraumas (Wochen 1–6) erarbeitet [1], 2 Jahre zuvor hat sich eine Konsensusgruppe der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft grundsätzlich zum Beschwerdebild nach kraniozervikalem Beschleunigungstrauma geäussert [2]. Empfehlungen zur interdisziplinären Abklärung und Behandlung der chronisch verlaufenden Form fehlen bis heute weitgehend, wissenschaftliche Daten liegen kaum vor. Der aktuelle Stand der Literatur wurde in der RAND-Studie [3] zusammengestellt. Die Therapie in der Schweiz stützt sich vor allem auf persönliche Erfahrungswerte ab. Dies hat die Swiss Insurance Medicine bewogen, am 13.01.2005 ein ganztägiges Symposium über die Therapie des chronisch verlaufenden kraniozervikalen Beschleunigungstraumas zu veranstalten, an dem über 500 Personen teilgenommen haben. Auf der Basis von Einzelvorträgen aus multidisziplinärer Sicht (Download der Vorträge über www.swiss-insurance-medicine.ch) [4] wurde anschliessend am runden Tisch ein grober pragmatischer Erst-Konsens über die Abklärung und Therapie des chronischen kranio-zervikalen Beschleunigungstraumas erarbeitet, der anschliessend durch die Beteiligten bis zum Erreichen eines allgemein anerkannten praktikablen Kompromisses wiederholt überarbeitet wurde. Das Resultat wird hier vorgestellt. Die Empfehlungen werden unterteilt in grundsätzliche, diagnostische und therapeutische Massnahmen. Die grundsätzlichen Massnahmen in Form eines Vierstufen-Modells richten sich sowohl an die beteiligte Administration (Versicherer, Case-Manager), wie an die ärztlichen und nichtärztlichen Therapeuten. Die zeitlichen Vorgaben der einzelnen Massnahmenstufen (Beschwerdepersistenz respektive keine Besserung nach 6 Wochen, nach 3, 6 und 12 Monaten) dienen lediglich als Hilfsstruktur zwecks besserer Erfassung, Begleitung und Betreuung der Patienten mit chronisch verlaufendem kraniozervikalem Beschleunigungstrauma (cKZBT). Ausschlaggebend für das anzuwendende Stufenprogramm ist das individuelle Verlaufsprofil und nicht zwingend die zeitliche Strukturvorgabe. Der pragmatische Konsens berücksichtigt unter anderem die heute in der Schweiz bestehenden gesellschaftlichen und juristischen Rahmenbedingungen, innerhalb denen die Fälle mit chronischem kraniozervikalem Beschleunigungstrauma (cKZBT) abzuklären und zu behandeln sind. Er stellt einen unter diesen Bedingungen praktikablen Weg als Ergebnis einer Kompromissbildung aus medizinisch z.T. kongruenten, z.T. aber auch unterschiedlichen Einschätzungen dar.

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